Das 1. Stockwerk auf einem soliden Fundament errichten

Morsen lernen

Geschrieben von HB9HWS

22.11.2023

Morsen lernen

Das 1. Stockwerk auf einem soliden Fundament errichten

Wie man den Code bis zu einem nützlichen Tempo von 15 WpM fliessend beherrschen lernt

Wenn du mit der Zeit eine konstante Geschwindigkeit von etwa 15 WpM erreicht hast, verfügst du über ein nützliches und komfortables Kommunikationswerkzeug. Um dieses Ziel zu erreichen, wird es einerseits nötig sein, das schon Bekannte zu Üben und andererseits wirst du kurze Spurts machen müssen mit Geschwindigkeiten, bei denen du anfänglich noch nicht alles mitbekommst. Solche Spurts sollten jeweils nicht länger als etwa eine Minute sein – Du wirst überrascht sein, wie effektiv diese Methode bei der Erhöhung deines Tempos ist.

Unverzügliche Erkennung

Das erste Geheimnis der Geschwindigkeit ist, die Zeit zu verkürzen, die du zum Erkennen eines Zeichens benötigst, nachdem du dieses vollständig gehört hast. Je kürzer dieses Zeitintervall ist, desto schneller wirst du den Code lesen können. Versuche, dies augenblicklich ablaufen zu lassen. Wenn du nicht sofort den Klang eines jeden Zeichens erkennst, hast du dieses Zeichen noch nicht wirklich gelernt. (Du musst dann an diesem Zeichen solange üben, bis du es blitzartig erkennen kannst.) Von jetzt an ist das Ziel der Übungen, deine Erkennung erst von Zeichen, dann von Worten zu beschleunigen bis zu dem Punkt, an dem du diese mit Leichtigkeit „Gehörlesen“ und mehr und mehr automatisch mitschreiben kannst.

Vorwegnehmen

Beim normalen Hören und Lesen haben viele von uns die Angewohnheit, vorwegzunehmen, welches Wort oder welcher Satz als nächstes kommen wird. Wir sind dadurch in der Lage, gedanklich Sprünge vorwärts zu machen. Die meisten von uns können dies, ohne irgendetwas von dem, was als nächstes kommt, zu überhören: was dann tatsächlich folgt, ersetzt ggf. das, was wir vorweg vermutet haben. Im Gegensatz dazu sind, sogar bei hohem Tempo, die Telegrafie-Signale sehr langsam gegenüber der Geschwindigkeit, mit der wir denken. Dies kann bei einigen von uns eine schwere mentale Blockierung auslösen, die dazu führt, dass wir das, was als nächstes kommt, vollständig verpassen. In den ersten Lernabschnitten mit sehr niedrigem Tempo ist diese Gefahr am grössten.

Wenn du merkst, dass diese Angewohnheiten deine Empfangsfähigkeit beim Lernen oder später bei der Nutzung des Morsecodes beeinträchtigt, solltest du unverzüglich Gegenmassnahmen einleiten. Das ist in der Anfangsphase, wenn wir uns noch an den Code gewöhnen, von aller grösster Wichtigkeit. Es wird Disziplin erfordern, sich ausschliesslich auf das Hören der ankommenden Signale zu konzentrieren. (im nächsten Abschnitt erhältst du einige Hilfen bei der Vorbeugung gegen dieses Vorwegnehmen.) Wenn du aber bemerkst, dass das Vorwegnehmen bei dir zwar auftritt, dich aber nicht beim Empfang des momentan gesendeten Inhalts behindert, ist es am besten, die Sache nicht weiter zu beachten und sich auf die ankommenden Signale zu konzentrieren. In diesem Fall wird das Vorwegnehmen nicht weiter schaden. Wir neigen auch dazu, das, was wir hören oder lesen zu beurteilen. Dies ist nur natürlich und man sollte sich nicht daran stören, solange es dem Aufnehmen von Morsezeichen nicht hinderlich ist. Die Tendenz zum Vorwegnehmen bedeutet für uns aber generell etwas Gutes: Wir haben noch nicht unsere Geschwindigkeitsgrenze erreicht und können noch schneller werden, wenn wir es auf die richtige Weise anpacken.

Mit welcher Art von Material man üben sollte

Das meiste Übungsmaterial sollte aus normalem Englisch bestehen und so interessant sein, wie nur möglich. Bringe Abwechslung in jede Übungseinheit, damit keine Monotonie auftritt. Suche die Art Material aus, die du später beim Anwenden des Morsecodes brauchen wirst. Um dem Vorwegnehmen (siehe oben) vorzubeugen, sollte in der Anfangsphase in jeder Übungsstunde einiges Material in Nicht-Englischer Sprache dabei sein. Drei bis fünf Minuten pro Sitzung sind dafür ausreichend, ausser wenn du vorhast, später mit verschlüsseltem Text zu arbeiten – man soll es nicht bis zu einem Punkt treiben, wo es ermüdend wird.

Internationale Amateur-Rufzeichen, Q-Gruppen und gebräuchliche Abkürzungen sind gut zum Üben, weil sie ein Bisschen „zufällig“ sind, aber realistisch und nützlich. „Umgekehrtes Englisch“ ist gut, weil die normale Buchstabenhäufigkeit bewahrt wird, wenn man die Worte und Sätze rückwärts sendet: z. B. „my antenna is up 50 feet“ wird zu „ym annetna si puz 05 teef“ oder „teef 05 pu si annetna ym“. Du kannst solche „Worte“ wohl kaum vorwegnehmen! Die 100 meistgebrauchten Worte, die am Ende dieses Beitrages aufgelistet sind, sind ausgezeichnetes Übungsmaterial. Sie machen dich nicht nur mit den Worten selbst vertraut und geben dir ein Gefühl der Sicherheit in der Anwendung des Morsecodes, sondern sie helfen dir, deine Fähigkeiten weiter auszubauen. Nutze sie zusammen mit anderem Übungsmaterial solange, bis du diese Worte oder zumindest die meisten davon zusammenhängend als ganzes Wort erkennen kannst – Klangmuster, die eine bestimmte Bedeutung im Morsecode haben. Übe zusammen mit diesen 100 häufig vorkommenden Worten einige der üblichen Redewendungen, wie „of the“, „I am“ usw. Nochmals muss hier die Wichtigkeit der Wiederholung betont werden.

Der beste Weg, sich diese gebräuchlichen Worte als klangliche Einheit einzuprägen ist, jedes von ihnen etliche Male zu wiederholen, bevor man zum nächsten übergeht. Benutze einen Computer oder eine App, um dir ein Übungs-Audio herzustellen, auf dem jedes Wort mindestens drei bis fünfmal wiederholt wird. Mache die Pausen zwischen den Worten lang genug, damit du jedes Mal, wenn du das Wort hörst, es laut aussprechen kannst. Dann hörst du dir dieses Band wieder und wieder an und sprichst jedes Mal das Wort vor dich hin, wenn du es gehört hast. Übe solange, bis dir das Erkennen der Worte so leicht und natürlich vorkommt, sie Sitzen, Hören und Reden. Mach dich sorgfältig mit diesen Worten vertraut.

Andere Wege

Einige andere einfache Übungen können dir helfen, Vertrautheitsgefühle und Selbstsicherheit aufzubauen. Eine davon ist, beim Autofahren die Strassenschilder und Werbeplakate zu lesen und diese laut oder im Geiste im Morsecode vor dich hin zu pfeifen oder zu summen. Wenn du Freunde hast, die ebenfalls gerade die Telegrafie lernen, versucht, euch gegenseitig etwas im Morsecode zuzupfeifen wie eine Art Unterhaltung. Es gibt jede Menge andere Möglichkeiten – finde sie und mach dir einen Spass daraus. Zum Beispiel: Das Zwei-Wege-Wort-Spiel. Es ist gut geeignet, höhere Geschwindigkeit zu erreichen und geht so: der Instrukteur sendet ein Wort und der Schüler summt das Wort vor sich hin, so, wie die Buchstaben aufeinander folgen, bis eine Pause kommt, die anzeigt, dass das Wort nun vollständig ist.

Beispielsweise sendet der Instrukteur das Wort „was“. Wenn der Schüler „W“ hört, denkt er „w-„, dann hört er „A“ und kombiniert beide („WA-„) und denkt an „way“, und zum Schluss härt er „S“ und dann Stille, er denkt das Wort „was“. Dann sendet der Schüler das Wort sofort zum Instrukteur zurück. Er schreibt dabei nichts nieder. Beginne mit 2-buchstabigen Worten, dann kommen welche mit vier oder mehr Buchstaben, je nachdem, wie der Schüler damit zurechtkommt und sich die Geschwindigkeit erhöht. Erinnere dich daran, dass dies ein Spiel ist. Mach einen Spass daraus. Du wirst später nie wieder versuchen, die einzelnen Buchstaben eines Wortes zu erfassen, sondern stattdessen nur noch den Klang dieser Buchstaben, um die aufeinanderfolgenden Klangbilder zu Worten zusammenzusetzen.

Wie lange soll welche Art Übung gemacht werden?

Halte die Übungsabschnitte kurz, mit Ruhepausen dazwischen – mach dann irgendetwas anderes – mit ungefähr zehnminütigen Übungsperioden und jeweils fünf Minuten Pause. Drei oder vier solche Übungsabschnitte pro Sitzung sollten in der Anfangsphase ausreichend sein. Sie können dann schrittweise soweit verlängert werden, dass gerade noch keine Ermüdung einsetzt. Denk daran, dass Ermüdung und Langeweile dazu führen können, dass dein Lernfortschritt behindert wird.

Die Lehrer streiten darüber, ob es besser sei, die Aufnahme der Zeichen mit oder ohne Mitschreiben zu üben. Die besten Morselehrgänge werden wahrscheinlich beides machen. Einige Lehrer bestehen darauf, dass nach dem anfänglichen Erlernen der Zeichen der Schüler eine Zeitlang nichts mitschreiben soll. Sie finden es besser, wenn er nur zuhört. Der Hintergedanke ist, beim Einprägen der Klangmuster nicht durch das Mitschreiben abgelenkt zu werden.

Was die Gebeübungen betrifft, ist es besser damit zu warten, bis der Schüler weiss, wie guter Morsecode klingt. Die Klangmuster müssen fest genug im Gedächtnis eingeprägt sein, damit der Schüler sie mit der Taste nachahmen kann, ohne durch seine eigene schlechte Zeichengebung und schlechtes Pausenverhältnis irritiert oder entmutigt zu werden (und auch, um möglichst wenig Kritik hören zu müssen). Es scheint am Besten zu sein, wenn man dem Schüler die Anwendung der Morsetaste solange verwehrt, bis er ein Empfangstempo von etwa 10 WpM erreicht hat. Strebe immer nach einem schönen perfekten Sendestil, bei dem Timing und Rhythmus akkurat geformte Zeichen und Pausen ergeben. Dies muss angestrebt werden und man darf sich nicht mit Weniger zufrieden geben.

Eine gute Form der anfänglichen Gebeübungen ist, sich ein Zeichen anzuhören und es danach zu geben; dann das nächste usw. Ein anderer nützlicher Weg ist, wenn Schüler und Lehrer mehrere aufeinanderfolgende Worte oder kurze Sätze gleichzeitig geben und dabei versuchen, eine synchrone Tastung zu erreichen.

Mitschreiben hat den Vorteil, dass man die korrekte Erkennung überprüfen und die Gebiete erkennen kann, wo noch Verbesserung nötig ist. In den ersten Phasen ist die Nutzung von Zufallsgruppen am Besten, weil sie das Vorwegnehmen verhindert. Hörübungen ohne Mitschreiben sind wichtig und wertvoll. Um seine Fähigkeiten zu verbessern sollten die Hörübungen in einer Geschwindigkeit erfolgen, in der man gerade noch so mit dem Empfangen mitkommt, unterbrochen von kurzen Abschnitten in noch höherem Tempo. Dies wird das Gehirn an eine noch schnellere Erkennung gewöhnen.

Es wurde festgestellt, dass hauptsächlich die Gruppierung dafür entscheidend ist, wie schnell jemand den Code empfangen kann. Was „keinen Sinn“ ergibt, macht uns langsamer. Auf praktisch jedem Niveau des Könnens werden Zufallsgruppen am langsamsten gehen, gefolgt von isolierten, unbekannten oder ungebräuchlichen Worten. Die höchsten Empfangsgeschwindigkeiten werden mit so hoher Geschwindigkeit aufnehmbar, wie vermischte Buchstaben- oder Wortgruppe, der bei der Beschleunigung der Erkennung hilft.

Es gibt noch einen anderen Faktor, über den wir uns klar sein müssen: Wenn wir dem Funk zuhören und uns anstrengen müssen, entweder die Signale überhaupt mitzubekommen – leise Signale, Überlagerung, Rauschen oder schlechte Gebeweise (was in Kombination besonders übel ist) – oder uns an ein zuvor gehörtes Wort zu erinnern, greift unser bewusstes Denken ein, um die Dinge zu ordnen. Je stärker das bewusste Denken beansprucht wird, desto weniger intensiv wird die Arbeit des unterbewussten Denkens sein. Diese geistige Anspannung hindert uns daran, die Empfangsgeschwindigkeit zu erhöhen und kann sogar die Aufnahme der Zeichen gänzlich blockieren.

Vertrautheit mit dem, was gesendet wird, macht das Lernen leichter und schneller. Worte, an die der Operateur nicht gewohnt ist, werden öfters falsch erkannt oder falsch mitgeschrieben. Das Erkennen geht etwa 50% schneller mit zusammenhängendem Text, als mit isolierten Worten. Es werden viel mehr Fehler mit zusammenhängenden Zeichen und Zufallsgruppen gemacht, als mit normalem Text.

Wenn man „hängenbleibt“

Auf einem „Plateau“ zu sein bedeutet, bei einer bestimmten Geschwindigkeit hängenzubleiben. Das kann entweder nur vorübergehend sein, so dass man mit etwas mehr Übung darüber hinwegkommt, oder es kann ein Zustand sein, der sich sehr hartnäckig dem Weiterkommen in den Weg stellt. Verschiedene Ursachen können zur Bildung eines solchen Plateaus führen. Im Grunde kommt das Plateau dadurch zustande, dass man den Klang als irgendetwas anderes als den dadurch dargestellten Buchstaben interpretiert. Es handelt sich um eine Art Kampf im Gehirn, über den einmal jemand schrieb, dass dies „ein Zustand sei, bei dem das bewusste Denken um eine Übersetzung der Dits und Dahs kämpft, während das Unterbewusstsein ganz normal weiterarbeitet und versucht mitzuteilen, dass es die Zeichen auch allein perfekt aufnehmen kann.“

Ein Plateau tritt meistens bei Geschwindigkeiten von 7 bis 10 WpM auf, weil der Betroffene die Morsezeichen erst in irgendeine Zwischenform übersetzt (eine Art geistiges Bild) und dieses dann wiederum in normale Buchstaben. Diese Zwei-Schritt-Operation benötigt mehr Zeit, als die entsprechende Ein-Schritt-Operation (z. B. „didah“ ist „A“). Eine derartige Situation ist oftmals das Resultat von alten und überholten Lernmethoden. Also noch einmal: wenn ganz am Anfang die Zeichen zu langsam gehört werden, neigt der Schüler dazu, die Dits und Dahs zu zählen und auf diese Weise zu analysieren. Es gibt erfahrene Telegrafisten, die in der Lage sind, die Bestandteile der längeren Zeichen tatsächlich routinemässig zu zählen und das bis zu Geschwindigkeiten von 20 WpM oder noch schneller! Das ist die Art, wie sie es damals gelernt haben – was für eine Verschwendung von Zeit und Mühe! Zählen und Analysieren führen dazu, dass das bewusste analytische Denken an einer Stelle aktiv wird, wo es nicht aktiv sein sollte. Dies macht uns langsamer und führt zu unnötiger Ermüdung. Ein erfahrener Telegrafist schrieb einmal: „Wenn du erst einmal mit dem Code richtig vertraut bist, so wie mit der normalen Sprache, dann gibt es keine Plateaus.“

Die 100 meistgebrauchten Worte in Englisch

go am me on by to up so it no of as he if an us or in is at my we do be and man him out not but can who has may was one she all you how any ist say now two for men her had the our his been some like well made when have only your work over such time were with into very what then more will they come that from must said them this upon great about other shall every these first their could which would there before should little people

Sechs dieser Worte benötigen beim Geben dieselbe Zeit wie die Zahl „0“: are him men on so no. Weitere vierzehn davon sind noch kürzer: the ist to us am if as be we an me at is it. Dies sind die 20 kürzesten Worte. Die 100 meistgebrauchten Worte zu hören, mitzuschreiben und zu geben ist eine gute tägliche Übung. Ausserdem sind diese Worte auch gut zum Üben des Mitschreibens auf einer Tastatur geeignet.

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